BUND Kreisverband
Groß-Gerau

GAP-Verhandlungen vorerst gescheitert

28. Juni 2021

Verhandlungen zur Neuausrichtung der EU-Agrarzahlungen vorerst gescheitert!
Unsere Ökomodellregion-Süd braucht aber den Kurswechsel!

Nach welchen Maßstäben soll Landwirtschaft in Europa eigentlich subventioniert werden? Diese Frage erörterten BUND Kreisverbandsmitglieder im Hinblick auf die gegenwärtigen EU-Agrarverhandlungen, die auch für diese Region bedeutsam sind. EU-Rat, Parlament und Kommission beraten seit zwei Jahren über eine Neufassung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Europa. Jetzt der Paukenschlag! Die für den Umbau der Landwirtschaft so entscheidenden GAP Verhandlungen wurden abgebrochen.

Es geht immerhin um Agrarleistungen von mehr als 60 Mrd. Euro und damit wesentlich um die Art und Weise, wie Landwirtschaft betrieben wird. In den vergangenen Haushaltsperioden wurden Direktzahlungen getätigt nach dem quantitativen Prinzip: Wer viel Fläche hat, bekommt auch mehr. BUND Kreisvorstandssprecherin Gutta Dreyer findet: "Solche unqualifizierten Hektarzahlungen sind doch fragwürdig. Denn sie begünstigen die Konzentration zu immer größeren Betrieben mit Massenproduktion , was auch bei uns u.a. zu Höfesterben führt. Sie unterstützen gerade nicht die kleinteilige bäuerliche Landwirtschaft, die auch bei uns inzwischen unterwegs ist, umweltschonender zu arbeiten oder gar auf Bio umzusteigen. Genau diese Bauern brauchen aber mehr Unterstützung."

So fordert der BUND Kreisverband Groß-Gerau, dass stufenweise immer mehr Gelder aus dem EU-Agrartopf für Leistungen der Landwirte auch im Umwelt-, Natur-, Tier- und Artenschutz ausgegeben werden. Vorstandssprecherin Jutta Stern betont: " Auch die Landwirtschaft wird stärker als bisher an der Lösung unserer drängenden Klima- und Umweltprobleme beteiligt werden. Und will dies ja auch mit entsprechender Hilfe. Öffentliche EU-Gelder sollten auch an öffentlich gewünschte Leistungen gekoppelt werden, zum Beispiel an Gemeinwohl, lebenswerter Zukunft, Klimastabilität. Wenn ein Landwirt z.B. durch die Wahl seiner Anbaumethoden unsere Ressourcen wie etwa Boden und Wasser sparsam schont und auch die Artenvielfalt schützt, sollte dies bei der Förderung berücksichtigt werden. Wir alle profitieren, wenn ein Landwirt naturverträglich anbaut ! "

Die Kreisvorstandsmitglieder waren sich einig: Nachhaltige Agrarsubventionen sicherten nicht nur eine gesunde Ernährung, sondern auch intakte Ökosysteme, die Entwicklung ländlicher Räume, Arbeitsplätze in regionaler Verarbeitung und Vermarktung. Gutta Dreyer ergänzt: "Dies ist ja auch im Interesse der Landwirte im Kreis Groß-Gerau, die sich von der Ökomodellregion-Süd viel erhoffen dürfen [Die Ökolandbau Modellregion Süd umschließt einen großen Teil Südhessens und setzt sich seit 2021 aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg, dem Odenwaldkreis, dem Kreis Bergstraße, dem Kreis Groß-Gerau und der Wissenschaftsstadt Darmstadt zusammen.]

Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Europagrünen und Landwirt aus Hessen, macht in erster Linie die starre Haltung der Mitgliedstaaten im Rat verantwortlich. Von Europaparlament und Kommission lag die Minimalforderung von 30 Prozent auf dem Tisch. 30 % aller Agrarsubventionen sollten also an Umweltauflagen (sog. Eco-Schemes) gebunden werden. "Doch der Rat ,das sind alle europäischen Mitgliedstaaten, bewegte sich keinen Millimeter". EU-Landwirtschaftsminister*innen wollten die Umweltauflagen auf lediglich 18 Prozent senken. Ebenso wolle man partout den im eigenen EU-Haus konzipierten Green Deal und die beschlossene Biodiversitätsstrategie nicht als Maßstab anwenden.

In einer aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag am 28. Oktober 2020 hatten sich bereits unterschiedliche politische Linien abgezeichnet. Während CDU/CSU und FDP betonen, dass bereits wesentliche Reformen geschehen seien, die AfD sich um die Ernährungssicherheit der deutschen Bevölkerung bei Angriffen auf die Flächenprämie sorge, sähen Grüne, SPD und Linke grundsätzlich die große Notwendigkeit, Auszahlungen an ökologische und gemeinwohlorientierte Leistungen als Bedingungen zu binden.

Der BUND-Kreisvorstand begrüßt, dass das EU-Parlament und auch die Kommission in den Verhandlungen bisher hart und ökologisch vernünftig geblieben sind. Er ruft dazu auf, die nationalen Regierungen bis zur Wiederaufnahme der Verhandlungen im Sommer zum Umdenken zu bewegen und sich an der EU-Petition „Rettet den Europäischen Green Deal!“ zu beteiligen.( zu finden unter: Eil-Petition: Rettet den Europäischen Green Deal!)

Quelle:

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw44-de HYPERLINK "https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw44-de-aktuelle-stunde-gap-801276"

SPD: Der große Wurf war es nicht

Dagegen mehr aus dem auf EU-Ebene gefundenen Kompromiss wollte Dr. Matthias Miersch (SPD) holen. In den Nachverhandlungen könnte es dafür noch Raum geben, denn das derzeitige System sei krank und müsse durch die Stellschraube des eingesetzten Steuergeldes geändert werden. „Der große Wurf war es nicht“, sagte Miersch. Es dürfe den Landwirten nichts weiter vorgemacht werden. Die momentanen Rahmenbedingungen würden die Landwirte, Tiere und Böden überfordern.

Die beschlossene Reform habe den angestrebten Paradigmenwechsel nicht erreicht, weil immer noch das Prinzip „immer höher und immer weiter“ gelte. Steuergelder dürften nicht mehr so pauschal ausgeben werden wie es im Agrarhaushalt in den nächsten Jahren weiter angelegt sei.

Linke: Der Paradigmenwechsel ist ausgeblieben

Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke) mahnte zur Vorsicht bei der Forderung nach der kompletten Abschaffung der Flächenprämie. Denn dann könnte das Geld komplett für die Landwirtschaft verloren gehen. Dennoch sei es schade, dass mit den beschlossenen ?Reformplänen der Paradigmenwechsel ausgeblieben sei. Damit werde bis zum Jahr 2027 zu wenig geleistet, was alle noch teuer zu stehen kommen könne.

Tackmanns größte Sorge ist allerdings, dass die Fördermittel nicht dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Beste Agrarförderung werde demnach die Fehler im System nur lindern. Profiteure seien vor allem Investoren und Großunternehmen. Wenn Boden verkauft werde, wechsele dieser in der Regel nur zugunsten landwirtschaftsfremden Kapitals und nicht zum Vorteil örtlicher Landwirte den Besitz.

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