BUND Kreisverband
Groß-Gerau

Erhalt der Rüsselsheimer Mainwiesen: Hartnäckigkeit von BUND Umweltschützern hatte Erfolg!

04. Juli 2022

Auf allen politischen und naturbehördlichen Ebenen sowie mit juristischer Hilfe gelang es Naturschützern, ein weiteres Techno-Festival mit 20.000 Besuchern auf den geschützten Mainwiesen in Rüsselsheim zu verhindern, und zwar dauerhaft. Ein Super-Erfolg auch für uns vom BUND!

Die Rüsselsheimer Mainaue ist Teil des Landschaftsschutzgebietes „Hessische Mainauen“ Die zuletzt 2012 angepasste Verordnung erklärt die Auengebiete des Mains und angrenzende Bachtäler zur Schutzzone 1. Ihr Ziel ist:

  • die Erhaltung der raumtypischen Auensysteme als Brut-, Nahrungs-, Durchzugs- und Rastbiotope für die bedrohte Tierwelt und
  • die Erhaltung der Grünland-Auenlandschaft, insbesondere die Erhaltung der Fließgewässer einschließlich ihrer unterschiedlich durchfeuchteten Wiesen- und Ufervegetationen.

Ohne Rücksicht auf diese Naturschutz-Verbindlichkeiten wurden von angrenzenden Kommunen immer wieder Teile aus dem Gebiet herausgenommen und schutzfremde Nutzungen gestattet.

Eklatantes Beispiel war die Zustimmung der Stadt Hanau, die seit 2013 über Jahre hinweg einem Tanzveranstalter erlaubte, eine Techno-Großparty mit Bühnen und Buden (tonnenschwerer Aufbau - Fahrzeuge!) auf ihren Mainwiesen durchzuführen. Offensichtlich war es dem Veranstalter gelungen, die Stadt und damit die Untere Naturschutzbehörde vom Gewinn an Kulturprofil und städtischen Einnahmen zu überzeugen. Erst nach Intervention durch Naturschützer*innen vor Ort und Anweisung der Obersten Naturschutzbehörde – dem Umweltministerium – wurde am 13.05.2015 das Techno-Tanzfestival an diesem natursensiblen Ort untersagt.

Für die Ablehnung entscheidend waren: die schutzkonforme Bewahrung der auentypischen Wiesen vor Verschmutzung, vor Zertrampelung und damit vor Zerstörung der ursprünglichen Artenvielfalt sowie vor Bodenverdichtung und vor irreparabler Zerstörung ihrer wassersspeichernden Funktion bei Starkregen.

Für die Rüsselsheimer Mainauen gelten dieselben Schutzbestimmungen wie in Hanau! Trotzdem war der Rüsselsheimer Magistrat, insbesondere der Kulturdezernent- in Kenntnis der Entscheidung von Hanau 2015 - begeistert von der Idee, eine Neuauflage des Technofestivals in die gebeutelte Opelstadt zu holen. Mit dem schönfärberischen Titel LOVE FAMILY PARK gelang es dem Veranstalter, das Techno-Festival als Top-Event in malerischer Mainkulisse als naturverbunden und familienfreundlich zu etikettieren. Auch die Rüsselsheimer Entscheider*innen folgten mit ihrer jahrelangen Zustimmung zum Techno-Mega-Dance dieser Verharmlosung und spielten die zu erwartenden Schäden für die Auengebiete herunter. Im Vordergrund stand lediglich das ( vermeintliche) Image der Stadt!

Und so mussten Naturschützer*innen aus verschiedenen Verbänden erneut für die Erhaltung der Mainwiesen in den Kampf ziehen: Dieser wurde in Rüsselsheim eine strapaziöse Hürdenlaufstrecke auch für uns vom BUND Kreisverband gegen Magistrat und Parlament, die sich hinter parlamentarischem Prozedere und behördlicher Verschwiegenheit verschanzten. Über mehrere Jahre hinweg gelang es uns jedoch, Presseerklärungen in den Medien zur Veröffentlichung zu bringen. Jochen Müller brachte überdies eine Petition in den hessischen Petitionsausschuss ein. Dieter Baumgardt und unser Ortsbeauftragter Gerhart Thallmayer sowie Kreisgeschäftsführer Herbert Debus bemühten sich mit vielen Mitstreiter*innen auf allen Ebenen, das naturschädliche Vorhaben zu verhindern. Auch stellten wir unsere ökologischen Argumente dem Rüsselsheimer Umweltausschuss vor. Überdies wurden viele Gespräche mit der Unteren und der Oberen Naturschutzbehörde geführt. Dann verliehen wir dem Magistrat presse- und öffentlichkeitswirksam den jährlichen BUND „Umwelthammer“ wegen Naturzerstörung.

Doch wir waren in der Ablehnung der Techno-Mega-Party nicht allein. Der Naturschutzbeirat der Stadt sowie die fachliche Untere Naturschutzbehörde beim Magistrat der Stadt Rüsselsheim hatten in klaren Stellungnahmen nach einem ersten Festival eine weitere Durchführung abgelehnt. Ablehnungsbegründung: die katastrophale Verschmutzung der Aue mit schweren Schädigungen der Grasnarbe und die Gefahr der Verwandlung der Vegetation in einen „Trittrasen“. Dennoch erteilte der Magistrat eine erneute Ausnahmegenehmigung unter Umgehung der Oberen Naturschutzbehörde zur Durchführung der Techno-Megaparty! Dann wurde uns ein anonymer Brief zugesandt, der bestätigte, dass die gegebenen Ausnahmegenehmigungen des Magistrats fachlich rechtlich nicht nachvollziehbar seien. Doch all dies hielt den Magistrat nicht davon ab, dem hartnäckigen Veranstalter die positive Prüfung einer Tanz-Festival-Fortsetzung mit Auflagen in Aussicht zu stellen.

Erst nachdem wir als letzte Hoffnung Frau Ursula Philipp-Gerlach, eine bekannte Umweltanwältin für Verfahrensrecht, eingeschaltet und erklärt hatten, dass wir eine gerichtliche Prüfung einer weiteren Ausnahmegenehmigung nicht scheuen würden, gab letztlich der Veranstalter auf. Begründung: Die Auflagen der Oberen Naturschutzbehörde seien nicht zu erfüllen. Damit war das Techno-Massen-Event - zur Blamage des Rüsselsheimer Magistrats - endlich vom Tisch!

Wie leider auch anderswo zeigt sich hier eine Stadtverwaltung nicht in der Lage oder willens, Umweltrecht entschieden durchzusetzen, zumal ein öffentliches Interesse gar nicht gegeben war.

Und all dies geschah, obwohl doch das Parlament in Rüsselsheim schon vor Jahren die planetarische Krise von Klimawandel und Artenrückgang erkannt und den Klimanotstand ausgerufen hatte! Absurde Kompromiss- Angebote des Veranstalters (z.B. Taschen-Aschenbecher) fanden bei den Rüsselsheimer Politik-Oberen unverständlicherweise viel zu lange Gehör! Dieser Spielart von städtischer Umwelt -Ignoranz sollte nicht nur in Rüsselsheim, sondern überall eine breite Abwehrfront gegenübertreten!

Auf einer kleinen Feier an der Mainwiese bedankten wir uns bei allen „Hartnäcker*innen“. Endlich konnten wir uns über ein gutes Ende freuen! Wir hatten Erfolg bei der Bewahrung eines schönen Stückes Natur in dieser industriell belasteten Gemeinde. Wir erhoffen uns, dass die Stadt dieses Kleinod im Sinne des Naturschutzes und für die Entwicklung der Stadt als Umweltstadt weiter ausbauen wird.

Verfasser: Herbert Debus mit Jutta Stern und Gerhart Thallmayer
Fotos: Herbert Debus, Gutta Dreyer, Gerhart Thallmayer, Petra Corbet

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